Bericht des Präsidenten
Fast täglich wird über Gesundheitskosten, Sparprogramme, Prämienschub, Mindestfallzahlen, Reorganisationen und Visionen im Gesundheitswesen berichtet. Inzwischen hat uns dazu auch die Gehaltsdiskussion aus der Bankenwelt erreicht und Chefarztlöhne werden allenthalben zwischen «Dichtung und Wahrheit» ausgiebig diskutiert. Man wähnt sich zeitweilig in einer medialen Entrüstungsgesellschaft, die über uns Leistungserbringer hereinstürzt und der wir uns sachlich zu stellen haben. Viele Themen sind national geprägt. Andere sind auf den ersten Blick rein kantonale Fragestellungen, beinhalten jedoch immer wieder Strahlkraft in die ganze Schweiz.
Überregulierung verteuert das System
Die Rede ist dabei zum Beispiel von den im Kanton Zürich erfolgten Staatseingriffen rund um «ambulant vor stationär», von der Spitalliste 2018 und Mindestfallzahlen, von gescheiterten Verselbstständigungen und Tarifverhandlungen oder von möglichen Mindestquoten von Grundversicherten in Listenspitälern. Zu guter Letzt durften wir auch einen kantonalen und nationalen Expertenbericht zur Kenntnis nehmen. Beide machen viele mehr oder weniger brauchbare Vorschläge zur Reduktion der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen. An der nationalen Gesundheitskonferenz vom Januar 2018 forderte Bundesrat Alain Berset die Leistungserbringer zur Kostendämpfung auf – mit einem «erwachen Sie». Und Regierungsrat Pierre-Yves Maillard aus der Waadt nutzte die Plattform, um das vielerorts verschriene Globalbudget wieder aufs Tapet zu bringen.
Zu all diesen Themen hat sich der Verband Zürcher Krankenhäuser in den vergangenen Monaten als Repräsentant seiner 31 Mitglieder dezidiert geäussert und Position bezogen. «Ambulant vor stationär» ist volkswirtschaftlich betrachtet eine sinnvolle, korrekte Stossrichtung. Trotzdem sind für die Einführung einer Indikationenliste für ambulante Behandlungen gewisse Rahmenbedingungen notwendig. Inzwischen sind verschiedene Forderungen des VZK erfüllt worden, wie die praktikable Umsetzung mit geringem administrativem Aufwand, dass Ärztinnen und Ärzte über die Form der Behandlung und die Indikationen entscheiden und dass Ausnahmen gemeinsam bestimmt wurden.
Tarife decken die kosten nicht
Dagegen decken die Taxpunktwerte für ambulante Leistungen die Kosten bei Weitem nicht. Bei einem Verlust von rund 20 % besteht kein Anreiz zu mehr ambulanten Behandlungen als den 15 staatlich verordneten. Eigentlich schade. Denn dieser tarifliche Systemfehler, der falsche Anreize setzt, könnte abgestellt werden. Versuche dazu sind im Gang. Der VZK wird sich mit der Gesundheitsdirektion, den Versicherern und weiteren Stakeholdern 2018 an einen Tisch setzen.
Um eine bedarfsgerechte und effiziente Spitalversorgung zu gewährleisten, erteilt die Gesundheitsdirektion Leistungsaufträge an Spitäler und Kliniken und legt gleichzeitig Mindestfallzahlen fest. Der VZK vertritt die Meinung, dass es nachvollziehbar und vernünftig ist, «Kleinstmindestfallzahlen» einzuführen. Er ist aber ebenso klar der Ansicht, dass die Grundversorgung so patientennah wie möglich zu erfolgen hat und deshalb regional zu verteilen ist.
Grundversorgung soll regional und patientennah erfolgen
Hoch spezialisierte Medizin ist auf wenige Standorte zu konzentrieren. Dabei ist zentralen Lösungen der Vorzug zu geben, sofern nicht dezentrale Lösungen auf einem gleichwertigen Qualitäts- und Kostenniveau angeboten werden können. In die gleiche Kerbe schlägt die Interessengemeinschaft Regionalspitäler, die auf breiter Front gegen die restriktive Festlegung von Mindestfallzahlen durch die Gesundheitsdirektion Beschwerde eingereicht hat.
Systemfehler anpacken statt neue Regeln schaffen
Am 21. Mai 2017 stimmte das Züricher Stimmvolk über eine Rechtsformänderung für das Kantonsspital Winterthur und die Integrierte Psychiatrie Winterthur–Zürcher Unterland ab. Trotz des intensiv geführten Abstimmungskampfes ist es nicht gelungen, dem Stimmvolk die Notwendigkeit einer Umwandlung in eine Aktiengesellschaft zu vermitteln. Der VZK hat die Bemühungen des Kantons- und Regierungsrates unterstützt, die verschiedenen Rollen des Kantons über eine Verselbstständigung nach und nach zu trennen. Das Volksverdikt ist eine vertane Chance, das unternehmerische Handeln für die genannten kantonalen Leistungserbringer im wettbewerblichen Umfeld zu stärken und für alle gleich lange Spiesse zu schaffen.
Der Zürcher Kantonsrat hat im Frühjahr 2017 eine neue, schweizweit einmalige Sonderabgabe abgelehnt. Auch der VZK hat im Vorfeld von dieser kantonalen Sparmassnahme Abstand genommen. Die Abgabe widerspricht den Zielen der neuen Spitalfinanzierung und dem KVG. Darüber hinaus benachteiligt diese «Steuer» Zusatzversicherte sowie private Leistungserbringer und steht rechtlich auf wackligen Beinen. Immer wieder machte und macht der VZK auch hier darauf aufmerksam, dass über zusatzversicherte Patientinnen und Patienten fälschlicherweise die Unterdeckung des Kostenbeitrags der Spitäler durch die Behandlung von Grundversicherten kompensiert resp. quersubventioniert wird. Würde dieser bereits oben erwähnte tarifliche Systemfehler behoben, wären solche Korrekturen wie die vorgeschlagene Sonderabgabe auf Zusatzversicherte oder zwei dazu nachträglich eingereichte parlamentarische Initiativen nicht notwendig.
wie sieht die optimale spitalversorgung im kanton zürich aus?
Sanierungsmassnahmen der Kantone und die Kostendämpfungseuphorie führen dazu, dass die Leistungserbringer im Gesundheitswesen mit ihrer umfassenden «Systemleistung» noch stärker unter Druck geraten. Kostensenkungsprogramme, Gesundheit2020, eHealth und EPD sowie die kantonale Spitalplanung 2022 stehen vor der Tür. Dazu und zum tarifarischen «Systemfehler» wird sich der VZK 2018 gemäss seiner Leitidee «einer bedarfs- und bedürfnisgerechten wirtschaftlichen und qualitativ hochstehenden Leistungserbringung» noch äussern. Dabei ist es dem Verband ein Anliegen, die bestehenden Problemfelder, die zahlreichen, gut gemeinten staatlichen Eingriffe und politischen Vorstösse nicht nur abzuschmettern und zu kritisieren, sondern vor allem auch aktiv zu bearbeiten und nach kreativen Lösungen zu suchen.
So wird der VZK 2018 in einem Positionspapier gezielt die übergeordnete und nicht tarifarische Systemdiskussion anschieben. Wir stellen die Frage: Wie sieht das Modell einer optimalen Spitalversorgung im Kanton Zürich unserer Meinung nach aus? Die gesundheitspolitische und finanzpolitische Steuerung durch die Behörden auf Kantons- und Bundesebene nimmt Überhand. Immer mehr, immer detailliertere, immer aufwendigere Massnahmen und Steuerungsmechanismen werden eingesetzt, um aktuelle gesundheitspolitische Probleme punktuell zu lösen. Dabei geht der Blick fürs Ganze mehr und mehr verloren. Auf der Basis der demografischen Entwicklung, von stark zunehmenden chronischen Erkrankungen und des rasanten medizinischen Fortschrittes ist der politische Ruf nach Kostendämpfung nur zu verständlich. Ob er auch realistisch und ohne Verzicht aller zu bewältigen ist, bleibe dahingestellt.
Dr. Christian Schär
Präsident