Das elektronische Patientendossier wird konkret
Lange wurde im Hintergrund an der Einführung des elektronischen Patientendossiers (EPD) gearbeitet. Nun nimmt die XAD-Stammgemeinschaft Form an und wird nach und nach sichtbar. Sie wird am 15. April 2020 in Betrieb gehen.
Gesetzliche Vorgaben
Das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier regelt die Voraussetzungen für die Eröffnung und Verwaltung der elektronischen Patientendossiers. Die Umsetzung des Gesetzes liegt bei sogenannten (Stamm-)Gemeinschaften, die eine zertifizierte technische Infrastruktur (EPD-Plattform, Zugangsportale für Gesundheitsfachpersonen sowie Patientinnen und Patienten) und Betriebsorganisation (Support, Administration, Finanzierung, Weiterentwicklung usw.) zur Verfügung stellen müssen.
Spitäler müssen spätestens am 15. April 2020 und Pflegeheime und Geburtshäuser bis zwei Jahre danach einer zertifizierten (Stamm-)Gemeinschaft angeschlossen sein und das EPD anbieten. Andernfalls erfüllen sie die Voraussetzung zur Leistungsabrechnung zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nicht mehr. Für ambulante Leistungserbringer ist eine Teilnahme am EPD freiwillig, ebenso für die Patientinnen und Patienten.
Die axsana AG
Für die Einführung des EPD im Kanton Zürich wurde 2016 die axsana AG als operative Nachfolgeorganisation des damaligen Trägervereins ZAD gegründet. Sie steht als nicht gewinnorientierte Betriebsgesellschaft im Eigentum von Kantonen und Leistungserbringerverbänden. Letztere sind seit Mitte 2018 mit Christian Schär (Präsident VZK), André Müller (Präsident Curaviva Zürich) und Michael Dahlweid (CIO Insel Gruppe Bern) im Verwaltungsrat der axsana AG vertreten.
Die axsana AG baut in der Deutschschweiz die überregionale XAD-Stammgemeinschaft auf, die mit ihrem Einzugsgebiet mittlerweile 13 Kantone abdeckt, rund 55 Prozent der Schweizer Bevölkerung repräsentiert und ein Potenzial von rund 16'000 Gesundheitseinrichtungen umfasst. Das strategisch wichtige Ziel, eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Grösse der Stammgemeinschaft zu erreichen, ist damit erreicht.
Stand der Arbeiten
Die Umsetzungsarbeiten sind sowohl im Bereich der technischen Infrastruktur (Technikprovider ist Swisscom Health AG) als auch im Bereich der Betriebsorganisation weit fortgeschritten, sodass im Juni 2019 mit der ersten Phase des Zertifizierungsverfahrens begonnen werden kann. Bis Ende September 2019 werden die Aufbauarbeiten abgeschlossen sein. Voraussetzung dafür ist, dass die Vorgaben des Bundes wie geplant bis Mitte 2019 definitiv vorliegen.
Für die Aufnahme des operativen Betriebs bereitet die axsana AG alle notwendigen betrieblichen Tätigkeiten vor. Diese umfassen beispielsweise die Administration von Patienteneinwilligungen, den allgemeinen Support für Bürgerinnen und Bürger und Gesundheitseinrichtungen, das MPI-Clearing, das Vertragsmanagement, das Finanz- und Rechnungswesen, Schulungen, die interne IT-Infrastruktur usw. Die Konkretisierung der Struktur und der Abläufe der Betriebsorganisation ermöglicht auch eine laufende Präzisierung der Finanzplanung und der Nutzungsgebühren der XAD-Stammgemeinschaft.
Der Anschluss von Gesundheitseinrichtungen an die XAD-Stammgemeinschaft begann im November 2018 und läuft parallel zum technischen und organisatorischen Aufbau der XAD-Stammgemeinschaft. Bis April 2019 haben sich bereits über hundert Gesundheitseinrichtungen zum Anschluss an die XAD-Stammgemeinschaft entschieden, und es kommen täglich neue hinzu. Der Beitrittsprozess kann sehr niederschwellig per E-Mail oder Telefon angestossen werden. Beitretende Gesundheitseinrichtungen erhalten Zugang zum XAD-Kundenportal und werden vollelektronisch durch den Beitrittsprozess geführt.
In einem ersten Schritt konzentriert sich der Aufbau der XAD-Stammgemeinschaft auf die Spitäler, die als erste eine gesetzliche Anschlusspflicht haben. Der gesetzeskonforme Anschluss eines Spitals umfasst im Minimum den Beitritt zur Stammgemeinschaft (Abschluss eines Anschlussvertrages), den technischen Zugang zur EPD-Plattform über ein Web-Portal (Gesundheitsfachpersonen-Portal) und die technische Anbindung eines «Repository» zur Speicherung der digitalen EPD-Dokumente. Verbleibende Kapazitäten des Technikproviders werden für die möglichst rasche direkte Integration von Primärsystemen eingesetzt. Das sind Systeme, die in den verschiedenen Spitälern bereits eingesetzt werden. Beispiele dafür sind unter anderen KIS oder SAP.
Digitalisierung fördert Vernetzung
Mit der Bildung der XAD-Stammgemeinschaft bietet sich auch die hervorragende Chance zur Etablierung eines branchenübergreifenden Ökosystems, in dem Leistungsprozesse zwischen Gesundheitseinrichtungen und mit Patientinnen und Patienten sowie Kundinnen und Kunden digitalisiert werden können. Die axsana AG als nicht gewinnorientierte Betriebsgesellschaft, die selbst nicht als Anbieter von Applikationen und Lösungen auftritt, kann hier glaubwürdig und neutral eine Verantwortung für die Vernetzung und Standardisierung im Gesundheitswesen übernehmen.
Aus diesem Grund lanciert die axsana AG in Ergänzung zum EPD einerseits die offene, anbieterunabhängige Kommunikationsplattform HealthLink®, die allen Anbietern von B2B-Lösungen zur Verfügung steht. Mit einer offenen Systemarchitektur, leicht anwendbaren Standards und dem uneingeschränkten Zugang für alle Berufsgruppen wird die Grundlage für kollaborative Arbeits- und Versorgungsprozesse gelegt. Im Gegensatz zu bestehenden proprietären, geschlossenen oder branchenorientierten Systemen und Plattformen wird HealthLink® kooperative Geschäftsmodelle und innovative Marktlösungen fördern.
Andererseits legt die axsana AG den Grundstein für die Gesundheitsplattform xsana® für die Bevölkerung. xsana ist das Gefäss, um Gesundheitseinrichtungen, Kantone, Bürgerinnen und Bürger und die Industrie auf einer digitalen Plattform zum Thema Gesundheit zusammenzuführen. Auf xsana wird ein breites Angebot an Dienstleistungen und Inhalten rund um das Thema Gesundheit bzw. Gesundheitsversorgung aufgebaut, um das Potenzial des EPD als Kristallisationskeim für eine tiefgreifende Digitalisierung im Gesundheitswesen bestmöglich zu nutzen.
Samuel Eglin
Geschäftsführer, axsana AG