Die Aufgabe der Pflegezentren in der Versorgungskette

Ambulant vor stationär ist in aller Munde. Und in vielen Fällen ist dieser Grundsatz sinnvoll. Aber nicht in allen. Was soll beispielsweise mit Menschen passieren, die an starker Demenz erkranken oder verhaltensauffällig werden? Wie sollen diese rund um die Uhr und in der erforderlichen Qualität zu Hause betreut werden? Dafür braucht es auch in Zukunft Alters(pflege)heime und Pflegezentren.

Das NZP

Die Pflegezentren des Netzwerkes Zürcher Pflegezentren VZK (NZP) unterscheiden sich von Alters- und Alterspflegeheimen im höheren Qualifikationsgrad des Personal, der Interdisziplinarität sowie der engen Zusammenarbeit mit Akutspitälern. Weiter führen sie Spezialangebote wie Palliation[1], Psychogeriatrie oder Abteilungen für Demenzkranke: Dienstleistungen, die nur dank dem mehrheitlich sehr gut ausgebildeten Pflegepersonal, einem eigenen ärztlichen Dienst, Therapeuten, Geragogen[2], Gerontologen[3] und anderen Fachleuten möglich sind.

Im Bereich der Palliation und Demenz sind die Mitglieder des NZP vernetzt und entwickeln zur Qualitätsförderung geeignete Grundlagen. Aktuell wird eine Methodensammlung zur qualitativ hochstehenden Pflege Demenzkranker entwickelt. Daraus entsteht in Zusammenarbeit mit der Alzheimervereinigung ein Qualitätslabel: DementiaCare®.

Alters(pflege)heime: betreutes Wohnen im Fokus

Heute gibt es Anbieter, die den Fokus auf betreutes Wohnen mit Pflegedienstleistungen legen: Deren Bewohnerinnen und Bewohner leben mit Pensionsvertrag über Monate und Jahre dort. Ihr Pflegegrad ist tief (bis ca. Stufe drei). Deshalb haben diese Einrichtungen keine fest angestellten Ärzte und Therapeuten sowie relativ wenig ausgebildetes Pflegepersonal. Zu den typischen Vertretern gehören die Alterszentren der Stadt Zürich.

Pflegezentren: Pflege im Fokus

Pflegezentren übernehmen von den Akutkliniken und Psychiatrien mittel und hoch pflegebedürftige Patientinnen und Patienten, die im ambulanten Umfeld und in Alters(pflege)heimen nicht optimal gepflegt und betreut werden können. Sie sind in der Lage, Pflegenotfälle sofort oder innerhalb weniger Stunden aufzunehmen – rund um die Uhr: Beispielsweise wenn Betreuungspersonen ausfallen oder überfordert sind. Damit es nicht soweit kommt, bieten Pflegezentren auch Ferienaufenthalte für pflegebedürftige Menschen an.

Der durchschnittliche Pflegegrad ihrer Patienten liegt bei der Stufe fünf bis sechs von zwölf. Die Aufenthaltsdauer in einem Pflegezentrum liegt weit unter einem Jahr. Zu den typischen Vertretern gehören die Pflegezentren der Stadt Zürich, welche Mitglied beim NZP sind.

Ambulant und stationär verbinden

Anbieter von stationären Pflegediensten (Altersheime, Alterspflegeheime, Pflegezentren) verbinden den stationären mit dem ambulanten Bereich. So stellen sie eine qualitativ hochstehende, dezentrale und kostengünstige Versorgung sicher. Eine Versorgung, die medizinisch und pflegerisch sinnvoll ist, den Bedürfnissen der Menschen entspricht und effizient ist.

Bei den Pflegezentren liegt Potenzial brach, das genutzt werden sollte. Sie entlasten die Akutspitäler, in denen der Aufenthalt teurer ist. Leider ist die Finanzierung der Pflegezentren unattraktiv – nicht nur für sie, sondern auch für die Patientinnen und Patienten. Bleiben sie nach einer Behandlung im Spital, bezahlen sie Selbstbehalt, Franchise und einen Spitalkostenbeitrag von 15 Franken pro Tag. Im Pflegezentrum werden ihnen aufgrund der Finanzierungsregeln zusätzlich die vollen Kosten für Hotellerie und Betreuung aufgebürdet, was rund 350 Franken pro Tag ausmacht.

rahmenbedingungen

Politik und Behörden setzen die Rahmenbedingungen und steuern damit, was im System passiert. Das Netzwerk Zürcher Pflegezentren (VZK) fordert, dass die Pflegezentren als eigenständige Versorgergruppe anerkannt werden. Denn der Unterschied in der Pflegeintensität zwischen Alters(pflege)heim und Pflegezentren ist hoch (vgl. Ø Pflegestufen). Zudem braucht es faire Finanzierungsmodelle.

  • Pflegezentren sollen künftig höhere Auflagen erfüllen als Alters(pflege)heime, um eine Betriebsbewilligung zu erhalten. Das ist wichtig, um die Qualität der Betreuung von Bewohnerinnen und Bewohnern mit höheren pflegerischen Anforderungen zu sichern.
  • Die Liste der Pflegezentren und der Alters(pflege)heime soll künftig getrennt voneinander geführt werden. So kann der Benchmark für die Berechnung des Normdefizits separat ermittelt werden und die Pflegekosten in Pflegezentren sind künftig gedeckt.

Die Abgeltung für das Angebot der Akut-Übergangspflege (AAÜP) soll durch eine Fallpauschale abgelöst werden, analog derjenigen im Akutspital. Auch die Kostenbeteiligung der Patienten soll sich angleichen.

Ein Rückblick

Bis im Jahr 1990 figurierten die «Krankenheime» im Kanton Zürich auf der Spitalliste. Sie waren für chronisch oder mehrfach erkrankte, vorwiegend ältere Menschen gedacht. Der Kanton betrieb mit dem Krankenheim Wülflingen selber eine solche «Anstalt» mit 330 Betten. Krankenheime ergänzten die Spitäler und hatten oft eigene ärztliche Dienste. Heute sind viele von ihnen zu Pflegezentren geworden und Mitglieder des NZP.

Für ältere, mehrheitlich gesunde Menschen bauten die Gemeinden ohne kantonale Subventionen «Altersheime». Wer von einem Arzt als «gesund» eingestuft wurde, durfte eintreten. Eine Behördeninitiative der Gemeinde Dübendorf forderte 1982, dass Altersheime auch Pflegeabteilungen führen können. Das Volk nahm diese Initiative im August 1990 an und der Kanton begann, Pflegebetten in Altersheimen zu subventionieren. Die Infrastruktur und die ärztliche Versorgung dieser neuen Einrichtungen, der Alterspflegeheime, glichen sich immer mehr an die ehemaligen Krankenheime an. Im Jahr 2011 wurde entschieden, dass der Kanton sich auf die Spitalplanung und -finanzierung fokussiert. Im Gegenzug sind die Gemeinden seither für die Pflegeversorgung und -finanzierung zuständig.

Integrierte Versorgung

Ob ambulant oder stationär: Jedes Glied in der Versorgungskette ist wichtig. Vernetztes Denken und Handeln sind gefragt. Konkurrenzsituationen der einzelnen Akteure beflügeln und schliessen ein abgestimmtes Handeln nicht aus. Jede Organisation hat ihre Schwerpunkte und ihre Stärken. Diese gilt es zu verbinden, zum Wohle der kranken und gebrechlichen Menschen.

[1] Medizinische oder pflegerische Massnahme, deren primäres Ziel nicht die Wiederherstellung der normalen Körperfunktion, sondern deren bestmögliche Anpassung an die gegebenen Verhältnisse ist.

[2] Befassen sich mit Fragen, die mit der Bildung von alternden Menschen zu tun haben.

[3] Alterswissenschaftler

Johannes Baumann

Direktor Pflege Eulachtal, Elgg (bis 2018)

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