Regulatorische und administrative Entwicklungen hemmen Veränderungsprozess

Das Stadtspital Waid und Triemli ist ein Zentrumsspital mit zwei Standorten in der Stadt Zürich. Während in den letzten Jahren viele Spitäler im Kanton Zürich und auch schweizweit in verselbstständigte Rechtsformen überführt wurden, sind das Stadtspital Waid und das Stadtspital Triemli Dienstabteilungen der Stadt Zürich. Das Stadtspital Waid und Triemli betreibt das grösste Notfallzentrum im Kanton Zürich und versorgt rund 40 % der stationären und 60 % der ambulanten Patienten aus der Stadt Zürich sowie 15 % aller Patienten aus dem restlichen Kanton Zürich. Mit 4’000 Mitarbeitenden und 600 Mio. Franken Umsatz ist das Stadtspital Waid und Triemli ein versorgungsrelevanter Dienstleister im Gesundheitswesen. Diesen Kernauftrag einer effizienten und qualitativ hochstehenden medizinischen Versorgung erbringt das Spital unter den regulatorischen Vorgaben von Bund und Kanton, von Fachgesellschaften sowie von der Stadt Zürich. Zwei Beispiele aus unserem Alltag.

Leistungsaufträge als limitierendes Element bei einer Neuausrichtung

Die beiden Stadtspitäler wurden bis 2018 unabhängig voneinander geführt. Das Stadtspital Triemli entwickelte sich mit den Kernkompetenzen Herzmedizin, Tumormedizin, Frau, Mutter, Kind, Augenheilkunde und Intensivpflege zu einem Zentrumsspital mit überregionalem Einzugsgebiet. Das Stadtspital Waid profilierte sich als städtischer Leistungserbringer zusätzlich in der Altersmedizin und in der Nephrologie.

Im Sommer 2018 beschloss der Stadtrat, die beiden Stadtspitäler unter eine Führung zu stellen. Er legte damit die Basis zur konsequenten Umsetzung der strategischen Angebotsausrichtung und zur Beseitigung von Überschneidungen im Leistungsangebot. Neben der Notfall- und Grundversorgung hat die Spitalleitung am Standort Triemli die spezialisierte und hochspezialisierte Medizin sowie selten erbrachte Leistungen konzentriert. Am Standort Waid wird neben der Notfall- und Grundversorgung die Altersmedizin ausgebaut. Mit dem Universitären Geriatrie-Verbund und der zertifizierten Geronto-Traumatologie bot sich eine Basis, auf der weiter aufgebaut werden kann. Ziel ist es, auch ältere Menschen mit all ihren Bedürfnissen bestmöglich zu versorgen. Dazu zählt auch der Bewegungsapparat.

Die langfristige strategische Ausrichtung von Waid und Triemli im Sinne der Versorgungssicherheit muss sich auch in den Leistungsaufträgen abbilden. Obschon beide Spitäler 2019 nachweisen konnten, dass sie die Mindestfallzahlen in der Knieprothetik übertreffen werden, wurde der entsprechende Leistungsauftrag nur für einen Standort erteilt – ein Entscheid, welcher die Positionierung der Spitäler im Gesundheitsmarkt und nicht zuletzt als attraktiver Arbeitgeber erschwert.

Städtische Verwaltung und Spital – ein Spannungsfeld

Als Dienstabteilung der Stadt Zürich gibt es zahlreiche zusätzliche Auflagen, die vom Stadtspital Waid und Triemli zu erfüllen sind. So gilt für die städtischen Dienstabteilungen das Öffentlichkeitsprinzip mit umfassender Berichterstattung je Trimester und Beantwortung von parlamentarischen Vorstössen. Dies generiert einen relevanten personellen Zusatzaufwand. Wenn ein Geschäft aus Sicht der Spitalleitung abgeschlossen ist, fängt die politische Überzeugungsarbeit an. Ein Beispiel dafür ist die Evaluation eines Partners für die Rehabilitation am Standort Triemli. Nach einem mehrjährigen Prozess mit Architekturwettbewerb, Ausarbeitung eines Bauprojektes, Baurechtsvertrag, Service Level Agreements und vielem mehr ist der Gemeinderat die Genehmigungsbehörde. Hier entscheidet sich, ob ein für das Spital wichtiges Geschäft auch die politische Zustimmung erhält.

Fazit

Die Medizin entwickelt sich in einer noch nie dagewesenen Dynamik. Die regulatorischen und administrativen Entwicklungen sollten diesen Veränderungsprozess unterstützen. Die regulatorische Komplexität überfordert aber zunehmend unser Gesundheitssystem, macht es teilweise ineffizient und teuer.

André Zemp

Spitaldirektor,
Stadtspital Waid und Triemli

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