Erkenntnisse aus der Covid-19-Pandemie in einem Universitätsspital

Jedes Jahr bringt seine besonderen Herausforderungen mit sich, zumal an einem Universitätsspital. Und doch ist der Blick zurück auf die vergangenen zwei Jahre aussergewöhnlich. Nicht nur, dass sich das Universitätsspital Zürich (USZ) in einem grossen Wandel befindet: Wir haben neue Standorte bezogen, in einer komplexen Rochade im Kerngeschäft das Baufeld für unsere Neubauten geräumt und die Baueingabe planmässig eingereicht. In diese Zeit ist auch die Covid-19-Pandemie gefallen und hat uns zusätzlich ganz besonders gefordert.

Neues Wissen als zentraler Faktor

Diese Pandemie hat in ihrer Dauer, ihrer Intensität und ihren Auswirkungen auf den verschiedenen Ebenen wohl alle überrascht. Wie nachhaltig sie die Gesellschaft prägen wird, ist noch offen. Ich bin aber überzeugt, dass die Spitäler viel gelernt haben und dass das Bewusstsein in der Öffentlichkeit in Bezug auf die Relevanz eines funktionierenden Gesundheitssystems deutlich gestiegen ist. An dieser Stelle möchte ich der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich und speziell Regierungsrätin Natalie Rickli für die gute Zusammenarbeit und die stete Unterstützung danken. Diese stabile Basis war ein wesentlicher Faktor, um unsere Rolle effektiv und effizient wahrnehmen zu können.

Das USZ hat als Zentrumsspital von Anfang an einen beträchtlichen Beitrag zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie geleistet. Beeindruckend war für mich der rasche Erkenntnisgewinn, sowohl in der Klinik als auch in der Forschung. Die ersten Forschungsprojekte wurden bereits nach wenigen Wochen lanciert. Bis heute wurden über 50 Projekte und rund 15 klinische Studien durchgeführt. Und zwar in der ganzen Bandbreite der Themen: von der Entwicklung und Validierung unterschiedlicher Testverfahren über die Verbesserung der Diagnostik bis hin zu Wirksamkeitsstudien von Medikamenten. Als zentral erwies sich dabei unser Clinical Trials Center, das insbesondere auch dafür sorgte, dass eine systematische Datensammlung sowie eine zentrale Bio-Bank entstanden sind. In der klinischen Betreuung der Patientinnen und Patienten haben wir sehr viel gelernt und wir dürfen uns im europäischen Vergleich zu den Spitälern mit den tiefsten Mortalitätsraten zählen. Und dies bei einem ausserordentlich hohen durchschnittlichen Schweregrad.

Es braucht ein tragendes Netzwerk

Zugleich wurde aber auch deutlich: Eine solche Herausforderung kann niemand allein meistern. Es braucht den Verbund. Der Austausch zwischen den Universitätsspitälern ist seit Jahren etabliert und kam in dieser Situation zum Tragen. Auch die Zusammenarbeit innerhalb des Kantons Zürich, mit der Gesundheitsdirektion und innerhalb des VZK mit den anderen Spitälern sowie über die Kantonsgrenzen hinaus funktioniert sehr gut. In den beiden Jahren 2020 und 2021 hat das USZ Patientinnen und Patienten aus 21 Kantonen behandelt. Insgesamt hat das USZ 2021 über 1000 Covid-19-Patientinnen und -Patienten therapiert, sprich sogar 9 Prozent mehr als im ersten Pandemiejahr. Über die beiden Jahre gesehen, lagen beinahe 500 Patientinnen und Patienten auf den Intensivstationen. Die Mitarbeitenden unserer Intensivstationen standen entsprechend unter andauernd hoher Belastung.

Das USZ versteht sich als Zentrumsspital und bietet spezialisierte und hochspezialisierte Medizin an. Daher war die Übernahme der schwerstkranken Patientinnen und Patienten durchaus folgerichtig. Allerdings bindet diese Pflege enorme Ressourcen, was nicht vollumfänglich entschädigt wird. Rückblickend stelle ich fest, dass das USZ in den zwei Jahren Pandemie einen überproportional grossen Beitrag geleistet hat.

Personal als Schlüsselfaktor

Überdeutlich haben sich in dieser Pandemie schliesslich die Mitarbeitenden als entscheidend herauskristallisiert: Ohne die Menschen, ohne das spezialisierte und engagierte Personal lassen sich auch die besten Infrastrukturen nicht betreiben. Und für dieses Personal waren die vergangenen beiden Jahre äusserst anspruchsvoll. Das USZ hat sich sehr dafür eingesetzt, die Mitarbeitenden wo immer möglich zu entlasten. So haben wir beispielsweise am Dreischichtbetrieb festgehalten, haben in keiner Phase einen Ferienstopp verhängt und haben ein breites Unterstützungsangebot bereitgestellt. Aber es ist so: Der Fachkräftemangel macht fast allen Spitälern zunehmend zu schaffen. Er dürfte in den nächsten Jahren, auch ohne Pandemie, eines der zentralen Themen bleiben.

Was wir erfreulicherweise aber ebenso beobachten: Das Interesse an einer Ausbildung im Gesundheitswesen generell, aber speziell zur Expertin oder zum Experten Intensivpflege ist gross. Im Jahr 2022 sind bereits sämtliche Lehrgänge vollständig belegt. Dieser Trend ist erfreulich und es gilt, ihn zu verstärken. Denn dass wir die Fachkräfte benötigen, ist unbestritten. Und zwar unabhängig davon, ob uns im kommenden Herbst und Winter eine neuerliche Welle der Covid-19-Pandemie erwartet.

Gregor Zünd

CEO, Vorsitzender der Spitaldirektion Universitätsspital Zürich